18. November 2020

Von Nachhilfe und Kaiserschmarren

von Johanna Berger
Kaiserschmarrn, der gezuckert wird
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Wie erklärt man die deutsche Grammatik? Und wie kocht man eigentlich einen Kaiserschmarren? Was mit Nachhilfe für die Tochter begann, entwickelte sich schnell zu einem Crashkurs in Sachen österreichische Kultur für die ganze Familie.

Fremde Sprache, neues Land und ungewohnte Sitten und Gebräuche stellen Familien mit Migrationshintergrund oft vor Herausforderungen. Daher initiierte das Freiwilligenzentrum Außerfern das Projekt „Marjam“. Dabei unterstützen und begleiten ehrenamtliche Frauen – sogenannte Patinnen – Frauen mit Migrationshintergrund und deren Familien bei ihrem Neustart in Österreich.
„Durch das Kennenlernen bei den offenen Frauencafés, bei Gesprächstreffs oder in diversen Workshops entsteht oft eine Patenschaft“, erklärt Sieglinde Breuss vom Freiwilligenzentrum Außerfern. Bettina Fröhlich aus Heiterwang ist eine dieser Patinnen und sie begleitete eine afghanische Familie für sechs Monate. Anfänglich gab sie der ältesten Tochter Hanije Nachhilfeunterricht und unterstützte sie bei den Hausaufgaben. In Afghanistan wird Gastfreundschaft großgeschrieben und daher lud Hanijes Mutter, Zahra, die Patin Bettina Fröhlich anschließend laufend zum Tee ein. Zahra hatte anfangs noch große Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, aber dank Hanijes Übersetzungshilfe konnten sich die beiden Mütter bei traditionellem Tee über ihren jeweiligen Alltag und die alltäglichen Herausforderungen austauschen.
„Die Einladung zum Abendessen mit der ganzen Familie war der Beginn einer stetig wachsenden Familienfreundschaft“, erzählt Fröhlich begeistert. Ob Kaiserschmarren oder Schlutzkrapfen: „Manches in unserer Kultur kann man nicht erklären – man muss es kosten“, sagt Fröhlich. Und so lernte die afghanische Familie die österreichische Küche kennen. „Unsere Freundschaft ist der Beweis, dass unterschiedliche Kulturen oder Religionen kein Hindernis darstellen“, betont Fröhlich und vergleicht die Freundschaft mit einem Gericht: „Ein wenig Offenheit von beiden Seiten, eine Prise Humor, um über Missverständnisse zu lachen, eine Portion Geduld sowie viele Gespräche und fertig ist eine interkulturelle Freundschaft“, sagt Fröhlich dankbar.

Interkulturelle Frauencafès und Gesprächstreff

Neben dem Patenschaftsmodell bieten die regelmäßig stattfindenden „Interkulturellen Frauencafés“, die verschiedenen Workshops sowie der Gesprächstreff einen offenen Treffpunkt und Begegnungsraum für interessierte Frauen mit und ohne Migrationshintergrund. Bei den Treffen im kleinen Kreis steht der Austausch zu integrationsrelevanten Themen wie Gesundheit, Bildung, Familie oder die Bewältigung von Alltagsproblemen im Vordergrund. Hier werden Kontakte geknüpft und das gegenseitige Vertrauen und Kennenlernen gestärkt. Auch Kinder sind herzlich eingeladen.

Projekte in Kooperation mit dem Freiwilligenzentrum Außerfern und den Tiroler Sozialen Diensten Reutte:

  • Interkulturelles Frauencafé - „Huagart“ in Ehrwald: jeden dritten Mittwoch im Monat von 14.30 bis 16.30 Uhr
  • Interkulturelles Frauencafe - „Begegnungscafe“ in Reutte: jeden ersten Montag im Monat von 14 bis 16 Uhr
  • Gesprächstreff im „Tauscherhaus“ in Reutte (Kleingruppen): Jeden Freitag von 9.30 bis 11.30 Uhr
Anmeldung unter: breuss@rea.tirol oder Tel.: 05672 62387 Mehr Informationen unter www.rea.tirol
 

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