12. Dezember 2019

Wirtshäuser sind fixer Bestandteil der Tiroler Identität

von Bettina Sax
Beitrag teilen
Die Wirtshauskultur ist in Tirol fest verankert. Um ihre Existenz für die Zukunft zu sichern, initiierte LH Platter ein Wirtshaus-Paket.
„Warum seid ihr heute Mittag hier im Wirtshaus?“ fragen wir Reinhard, der mit seiner Ehefrau und den zwei kleinen Kindern sowie seiner Mutter und Tante an einem verregneten Sonntagmittag an einem runden Tisch in der Ecke eines Wirtshauses sitzt.

Der Tisch, dekoriert mit einer weißen Tischdecke und einer Kerze, ist mit traditionellem Porzellangeschirr gedeckt. Blickfang in der Gaststube ist die mit Schnitzereien verzierte Holzwandverkleidung. „Seit Generationen hat es bei uns Tradition, dass wir uns an einem Sonntag im Monat zum gemeinsamen Mittagessen treffen. Hier ist es gemütlich – man tauscht sich aus und trifft alte Freunde oder andere Verwandte. Natürlich zählt auch das Essen. Wir schätzen es, dass die Produkte von heimischen Landwirten stammen. Damit unterstützen wir auch die regionale Bauernschaft.“

Wirtshäuser schließen ihre Türen

Wirtshäuser haben in Tirol Tradition. Seit Jahrzehnten, gar Jahrhunderten. Schon seit längerem ist jedoch zu beobachten, dass einige von ihnen ihre Türen für Gäste wie Reinhard und seine Familie für immer schließen müssen. 2012 gab es in Tirol noch 321 aktive Wirtshäuser, 2018 nur mehr 299. „Jedes Wirtshaus, das schließt, ist eines zu viel“, sieht LH Günther Platter die dringende Notwendigkeit, die Wirtshäuser in Tirol zu unterstützen. Denn auch wenn die Wirtshäuser durch familiäre und einladende Atmosphäre ebenso punkten wie durch schmackhafte Küche, fällt vielen beispielsweise die Nachfolgeregelung schwer. Notwendige Investitionen und behördliche Auflagen schrecken nicht wenige davon ab, einen Betrieb weiterzuführen bzw. neu zu übernehmen. Gleichzeitig gibt es immer wieder JungunternehmerInnen, die sich für das „WirtIn-Sein“ interessieren.

LH Platter initiierte Wirtshaus-Paket

Ihnen allen soll nun vom Land unter die Arme gegriffen werden – und zwar mit einem von LH Platter initiierten Maßnahmenpaket, das dem Wirtshaussterben gezielt entgegenwirkt. „Wenn traditionsreiche Gasthäuser im ländlichen und städtischen Raum verloren gehen, dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Schließlich sind sie fixer Bestandteil unserer Identität“, sagt der Landeshauptmann. Im Fokus stehen Klein- und Kleinstbetriebe bzw. Übernahmen und Revitalisierungen. Mitte des Jahres fasste die Tiroler Landesregierung dafür den notwendigen Beschluss, im Oktober wurden die Details des Wirtshaus-Pakets beschlossen und präsentiert.

Wirtshaus-Stammtisch: „Wo drückt der Schuh?“

Im Rahmen eines Stammtisches mit WirtInnen aus ganz Tirol machte sich LH Platter ein Bild davon, wo Handlungsbedarf besteht: „Es kam klar zum Ausdruck, dass es einerseits finanzielle Hilfestellungen und andererseits Unterstützung bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen benötigt. Deswegen haben wir uns auf die Finanzierung und Beratung fokussiert“, erklärt LH Platter, und betont, dass gemeinsam mit den Bezirkshauptmannschaften, der Standortagentur Tirol und der Wirtschaftskammer Tirol an einem Strang gezogen wird.

Im Fokus: Wert des Wirtshauses

Auch eine Informations- bzw. Sensibilisierungskampagne folgt: „Wir wollen die Menschen darauf aufmerksam machen, welch Schaden es ist, wenn kein Wirtshaus mehr da ist. Oftmals merkt man erst, wenn etwas nicht mehr ist, was man daran hatte. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen“, ist LH Platter überzeugt.
 

Letzte Ausgaben