17. Juni 2020

Ehrenamtliche in schwierigen Zeiten im Einsatz

Zwei Hände halten ein rotes Herz aus Holz
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Viele Menschen halfen einander während der Coronakrise.
Zeit schenken – das ist das Motto der ehrenamtlich engagierten Menschen in Tirol. Während der Ausgangsbeschränkungen waren kreative und innovative Ideen gefragt, um jenen zu helfen. Die TirolerInnen ließen sich allerhand einfallen, wie sie anderen helfen können.

Beispiele Tiroler Oberland / Außerfern


So auch im Tiroler Oberland und im Außerfern: In Landeck verlegte der heimische Fußballverein das „Training“ auf das Einkaufen für hilfsbedürftige LandeckerInnen. Die rund 20 HelferInnen im Alter von 16 bis 50 Jahren boten einen kostenlosen Einkauf-und Lieferservice für jene Mitbürger-Innen an, die Medikamente, Lebensmittel oder Tiernahrung nicht selbst besorgen konnten. „Wir haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinsichtlich der Hygienemaßnahmen geschult und auch bei der Bezahlung sowie Übergabe sorgten wir für genügend Abstand“, berichtet Philipp Wachter vom „Team SV-Landeck hilft“. Das Angebot wurde gerne angenommen – und insgesamt an die 80 Bestellungen an dankbare BürgerInnen verteilt.

Miteinander durch die Coronakrise – das stand auch in Imst im Zentrum der Bemühungen. „Social Distancing bedeutet für viele Menschen Vereinsamung, vor allem, wenn sie alleinstehend sind“, weiß Marlies Trenkwalder vom  Freiwilligenzentrum Imst. „Der kurze ‚Ratscher‘ beim Bäcker oder auf der Straße sowie Besuche bei Freunden oder Verwandten – all dies fand kaum mehr statt. Aber auch der Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung war für viele schwer zu bewältigen.“ Aus diesem Grund wurden einige Projekte wie „Imst redet miteinand“ oder „Imst lernt miteinand“ ins Leben gerufen. Ersteres war eine Initiative, bei der Ehrenamtliche mit Menschen telefonisch Kontakt hielten: Freundliche Gespräche zum gegenseitigen Kennenlernen standen dabei im Mittelpunkt. Bei „Imst lernt miteinand“ erteilten Freiwillige per Telefon Lernhilfe und Unterstützung im schulischen Bereich, um Eltern und Erziehungsberechtigte zu unterstützen. Schließlich boten Ehrenamtliche in Anlehnung an die Computeria ihre Hilfe bei Fragen rund um PC, Tablet oder Social Media an.

Im Bezirk Reutte erhielten Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache während der Coronakrise Unterstützung in Form von Online-Deutschförderklassen. Initiatorin Nadine Elsen unterrichtet seit eineinhalb Jahren ehrenamtlich Deutsch als Fremdsprache. „Als wir uns nicht mehr treffen konnten, suchte ich einen Weg, wie wir den Unterricht digital fortführen können. Da ich selbst in Kurzarbeit war, nutzte ich meine freie Zeit, um ein niederschwelliges Angebot zu finden – was für mich als wenig technikaffiner Mensch eine Herausforderung war“, erinnert sich Elsen lachend. Schließlich gelang es ihr mit einer freien Software, die auch per App für Handys verfügbar ist, ein virtuelles Klassenzimmer zu schaffen. „Die Technik hat beim Unterricht durchaus auch Vorteile, weil man den eigenen Bildschirm teilen kann, um mit Übungsblättern oder Bildergeschichten zu arbeiten.“ Ihre Gruppe mit bis zu sechs SchülerInnen freute es jedenfalls, dass sie trotz Corona weiterhin den Kontakt halten konnten.

Beispiele Osttirol


So auch in Osttirol, wo VorlesepatInnen ihr ehrenamtliches Engagement in die digitale Welt verlegt haben. Denn mit Beginn der Verkehrsbeschränkungen war es den Freiwilligen nicht mehr möglich, in Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen aktiv zu sein. Daher entstand im Rahmen des Projektes die Idee „Osttiroler lesen für Osttiroler“. Somit sind seit einigen Wochen sowohl VorlesepatInnen als auch Freiwillige aus anderen Bereichen virtuell unterwegs.
„Wir drehen laufend Videos und produzieren Podcasts, um trotz Kontaktverbots weiterhin mit regionalen Audio- und Videobeiträgen bei der Osttiroler Bevölkerung für Abwechslung zu sorgen“, erläutert Alexandra Harles, Koordinatorin des Freiwilligenzentrums Osttirol. Das digitale Angebot soll auch über den Sommer weiterlaufen. Bereits vor gut einem Jahr wurde das Projekt „VorlesepatInnen Osttirol“ vom Freiwilligenzentrum Osttirol in Kooperation mit dem Bildungshaus Osttirol ins Leben gerufen, um im Bezirk Groß und Klein mit spannenden Märchen, Tiroler Sagen und Osttiroler Erzählungen von damals und heute zu begeistern.

Das digitale Projekt stellt einerseits ein unterhaltsames Angebot für die HörerInnen dar und war andererseits eine willkommene Herausforderung für die ehrenamtlichen HelferInnen, weiß Alexandra Harles. „Vor allem für die älteren Freiwilligen war es eine Chance, sich den zahlreichen neuen Möglichkeiten im digitalen Bereich zu nähern und somit an Selbstvertrauen zu gewinnen.“

Ein Potpourri aus Sagen und Geschichten

Die Vielfalt der vorgelesenen Texte reicht von der Sage über die „Villgrater Wettermacher“ zu lustigen Geschichten wie „Der kugelfeste Hase“ bis hin zu „Tschaperl das Muli“, einer mehrteiligen Geschichte aus vergangener Zeit. „Es ist für jeden und jede etwas dabei. Besonders stolz macht mich, dass sich einige Osttiroler Autorinnen und Autoren an unserem Projekt beteiligen und aus ihren Werken vorlesen“, freut sich Harles. So liest etwa Hilda Außerlechner,
Heimatdichterin aus Kartisch, die Sage „Kartischer Goldbründl“ aus ihrem Gedichtband „Ein bunter Lebensstrauß“. Die VorleserInnen erfüllen auch individuelle Wünsche. Es können Wunsch-Geschichten an das Freiwilligenzentrum Osttirol geschickt werden und es gibt die Möglichkeiten zum Live-Vorlesen, wo die ZuhörerInnen aktiv in die Handlung der Geschichte einsteigen können.

Kontaktlose Bücherei

Die öffentliche Bücherei Außervillgraten hat ein kontaktloses Ausleihsystem eingerichtet. Bequem von zuhause aus kann auf der Onlineplattform www.bibliotheken.at der Bücherbestand eingesehen und anschließend via E-Mail reserviert werden. Die Abholung und Rückgabe erfolgt kontaktlos im Vorraum der Bücherei.

Beispiele Innsbruck Umgebung / Schwaz


So auch in Innsbruck Umgebung und Schwaz: Im Caritas Freiwilligenzentrum Tirol Mitte werden verschiedenste Einsätze mit freiwilligen HelferInnen koordiniert, organisiert und abgewickelt. Die Vielfalt der Einsatzgebiete ist groß und reicht von Online-Lernhilfen über Kinderbetreuung bis hin zu Möbeltransporten oder dem Nähen von Mund-Nasen-Schutzmasken. Katharina aus Innsbruck ist dabei eine der zahlreichen ehrenamtlichen HelferInnen. Während der Isolationszeit erledigte sie die Einkäufe für eine ältere Dame aus Innsbruck, die aufgrund von Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehört. Einmal wöchentlich holte sie den Einkaufszettel und das Geldbörserl von der Haustür ab und marschierte los. „Einzukaufen für andere Menschen ist nicht einfach und die Liste ist lang“, weiß Katharina. „Aber einen Punkt vergisst ‚meine‘ Dame auf der Einkaufsliste nie: Sachertorte für Kathi, also Kuchen für mich.“

Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Sie scherzten an der Wohnungstür und riefen sich stets noch ein „Pass auf dich auf!“ hinterher. Nach dem Einkaufen bekam Katharina jedes Mal ein belegtes  rötchen, hübsch verpackt in einer Serviette für den Heimweg. „Die Dankbarkeit und diese unglaubliche Wertschätzung gehen unter die Haut und lassen mich noch Tage später beim Gedanken daran strahlen“, sagt Katharina und fasst zusammen: „Helfen ist wie Schokoladenkuchen, beides zaubert ein Lächeln ins Gesicht.“

Digitale Lernhilfe – Homeoffice Schule

In Schwaz wurde mit Hilfe von Ehrenamtlichen virtuell gelernt. Aufgrund des eingeschränkten Schulbetriebs und der Umstellung auf Homeschooling entstand für die SchülerInnen eine Situation mit neuen Herausforderungen. „Einige Kinder hatten Schwierigkeiten, mit dem E-Learning zurechtzukommen oder überhaupt selbständig zu lernen“, weiß Sabina Seeber vom Freiwilligenzentrum Bezirk Schwaz. Sie startete einen Aufruf an die Ehrenamtlichen im Bezirk, um die Kinder zu unterstützen.

Wolfgang Pietsch aus Schwaz ist einer der zahlreichen Freiwilligen, die sich nach dem Aufruf des Freiwilligenzentrums gemeldet haben. Er unterstützte einen Schwazer Volksschüler der Volksschule Hans Sachs. Dank der von der Lehrerin gut vorbereiteten Unterlagen und der Unterstützung durch die Mutter konnte der Fernunterricht erfolgreich durchgeführt werden. Pietsch und sein Schützling lernten täglich an Schultagen für rund zwei Stunden.

„Die Herausforderung bei der Lernhilfe via Telefon ist, dass beide das Konzentrationsniveau halten müssen. Daher war mir wichtig, kurze Lerneinheiten zu gestalten“, sagt Pietsch. Aus der virtuellen Lernhilfe entwickelte sich auch abseits des E-Learnings Unterstützung. „Es freut mich, wenn ich dem Schüler helfen konnte. Die Wertschätzung vonseiten der Mutter und der Lehrerin ist groß“, sagt Pietsch. Die digitale Lernhilfe wird nach wie vor vom
Freiwilligenzentrum Schwaz angeboten.

www.freiwilligenzentren-tirol.at

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