01. September 2022

Welche Aufgaben hat der Tiroler Landtag?

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Etwa alle zwei Monate kommen die 36 Landtagsabgeordneten zur meist zweitägigen Sitzung im Landhaus zusammen.
Über Gesetzesanträge debattieren und sie schlussendlich beschließen: Das ist wohl jene Aufgabe, die meist mit der Arbeit eines Parlaments verbunden wird. Tatsächlich übernimmt der Tiroler Landtag aber eine Fülle an unterschiedlichen Funktionen und Tätigkeiten – hier ein kleiner Überblick:

• Wahl der Landesregierung
• Ausschussarbeit
• Gesetzgebung
• Kontrolle
• Budgethoheit
• Mitwirkung an europäischen Gesetzesvorhaben
• Die Landtagsorgane
• Petitionen

Der Landtag in Zahlen

 




• Wahl der Landesregierung
Ohne Landtag kein Landeshauptmann/ keine Landeshauptfrau und keine LandesrätInnen: Sämtliche Regierungsmitglieder werden von den Abgeordneten im Zuge ihres ersten Zusammentreffens nach der Landtagswahl – der sogenannten konstituierenden Sitzung – mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt.

• Ausschussarbeit
Vieles, was in den Landtagssitzungen diskutiert wird, wurde bereits in den spezialisierten Ausschusssitzungen vorbereitet. In diesen Abgeordneten-Arbeitsgruppen werden unterschiedliche, so genannte Geschäftsgegenstände, behandelt – etwa Gesetzesanträge oder Berichte. Durch Abstimmung wird dann beschlossen, welche dieser Geschäftsgegenstände auf die Tagesordnung der folgenden Landtagssitzung kommen oder welche für die vorherige Einholung eines Berichts (Stellungnahme der Landesregierung) ausgesetzt werden. Die Ausschüsse setzen sich gemäß den Mehrheitsverhältnissen im Landtag zusammen. Gewählt werden die Ausschussmitglieder von allen 36 Landtagsabgeordneten jeweils zu Beginn der Gesetzgebungsperiode – und das für fünf Jahre. Alle wichtigen Bereiche der Politik werden in der Ausschussarbeit abgedeckt. Es gibt zum Beispiel Ausschüsse für Finanzen, Wohnen, Arbeit, Wirtschaft oder Bildung.

• Gesetzgebung
Nachdem ein Antrag im Ausschuss beschlossen worden ist, gelangt er auf die Tagesordnung der nächsten Landtagssitzung. Dort erstattet ein Mitglied des führenden (= hauptzuständigen) Ausschusses einen Bericht und stellt einen Antrag auf Annahme oder Ablehnung eines Antrags. Es folgt eine Debatte in freier Rede mit anschließender Abstimmung. Es können noch Abänderungen des ursprünglichen Antrags erfolgen. Um beschlossen oder abgelehnt zu werden, reicht in der Regel die einfache Mehrheit, wobei mindestens die Hälfte aller 36 Abgeordneten bei der Abstimmung anwesend sein muss. Bei Landesverfassungsgesetzen oder Landesgesetzen mit Verfassungsbestimmungen müssen mindestens zwei Drittel der Abgeordneten im Saal sein und es muss eine Mehrheit von mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erreicht werden. Enthaltungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen, die Abgeordneten müssen mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen. Zudem landen auch Regierungsvorlagen, also Anträge der Landesregierung, zur Abstimmung im Tiroler Landtag.

• Kontrolle
Eine weitere Aufgabe der Landtagsabgeordneten ist es, die Arbeit der Landesregierung zu kontrollieren. Dafür stehen ihnen unterschiedliche „Werkzeuge“ zur Verfügung, etwa das Fragerecht (auch Interpellationsrecht genannt). Jeder Mandatarin/jedem Mandatar ist es dabei möglich, einem Regierungsmitglied über Angelegenheiten seines Aufgabenbereichs schriftlich oder mündlich Fragen zu stellen. Diese müssen verpflichtend beantwortet werden. Zudem haben Abgeordnete das Recht, gewisse Informationen zu Beschlüssen der Landesregierung einzufordern bzw. Akteneinsicht zu nehmen. Mittels sogenannter Entschließungen können an die Regierung auch Wünsche über die Führung der Landesverwaltung gerichtet werden. Den Abgeordneten ist es auch möglich, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dazu bedarf es mindestens zehn Abgeordneter, die einen solchen fordern. Das Misstrauensvotum gegen die gesamte Landesregierung oder einzelne Mitglieder ist das schärfste „Werkzeug“, das zur Verfügung steht. Und nicht zuletzt obliegt dem Landtag auch die sogenannte Gebarungskontrolle – dazu unten mehr.

• Budgethoheit
Die Landesregierung erstellt zwar den Budgetentwurf, ihn zu beschließen ist aber Aufgabe des Landtags. Zudem kontrollieren die Abgeordneten auch laufend die Einhaltung des Budgetvoranschlags. Das ist die sogenannte Gebarungskontrolle. Unterstützt werden die 36 Abgeordneten dabei durch den Landesrechnungshof, der als weisungsfrei agierendes Organ des Landtags die Verwendung öffentlicher Mittel auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit kontrolliert.

• Mitwirkung an europäischen Gesetzesvorhaben
Der Tiroler Landtag kann, wenn Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration die Gesetzgebungskompetenz des Landes Tirol betreffen, eine Entschließung dazu verfassen. Die Landesregierung ist im Rahmen des sogenannten Länderbeteiligungsverfahrens angehalten, diesen Standpunkt bei der Abfassung einer Stellungnahme des Landes Tirol an den Bund zu vertreten.

• Die Landtagsorgane
Mit dem Landesrechnungshof sowie der Landesvolksanwältin verfügt der Landtag zudem über zwei Prüf- bzw. Beratungseinrichtungen, die unabhängig agieren und auch von der Landesregierung keine Weisungen entgegennehmen. Während der Rechnungshof den Landtag bei seinen Kontrollaufgaben unterstützt, nimmt die Landesvolksanwältin mit ihrem Team Beschwerden über die Landesverwaltung entgegen bzw. fungiert auch als Beratungsstelle.

• Petitionen
Jede Bürgerin/jeder Bürger hat in Tirol das Recht, Petitionen im Tiroler Landtag einzubringen und so Anliegen direkt an die Volksvertretung zu adressieren. Diese werden dann im zuständigen Petitionsausschuss behandelt. Das Formular dazu ist unter www.tirol.gv.at/ landtag/petitionen abrufbar.

Der Landtag in Zahlen
• 67: An so vielen Sitzungstagen traf sich der Tiroler Landtag in der noch laufenden Gesetzgebungsperiode (2018 bis 2022).
• 1725: In diesem Jahr wurde mit dem Bau des barocken Alten Landhauses begonnen.
• 6: Sechs unterschiedliche Fraktionen sitzen aktuell im Tiroler Landtag: Tiroler Volkspartei, SPÖ, FPÖ, Grüne, Liste Fritz und NEOS.
• 2: Zwei Frauen wurden 1919 in den ersten republikanischen Landtag gewählt: Karoline Wageneder und Maria Ducia.
• 322.379: Bei der vergangenen Landtagswahl am 25. Februar 2018 nahmen 322.379 TirolerInnen teil, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent.
• 8: Seit 1945 bekleideten acht LandtagspräsidentInnen das zweithöchste Amt Tirols, die aktuelle Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann ist dabei die erste Frau in dieser Funktion.
• 3: So viele Untersuchungsausschüsse gab es bisher in Tirol, der bislang letzte beschäftigte sich 2019/20 mit der Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD).
• 101: Vor 101 Jahren, am 8. November 1921, verabschiedete der Tiroler Landtag die erste demokratische Verfassung des Landes, die Tiroler Landesordnung (TLO). 
 

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